Schwarzes Gold – Scottish black pudding

Zu einem kompletten (full breakfast) Frühstück gehört in manchen Gegenden Englands (Yorkshire, Lancashire), in Schottland und vor allem in Irland der black pudding – eine gebratene Blutwurst. Zur Historie und Kontroverse (geliebt oder gehasst) des black pudding findet man hier ein Essay der English Breakfast Society (english). Nicht fehlen darf der Hinweis auf die jährliche black-pudding-Weitwurf-Meisterschaft in der Stadt Ramsbottom (Namensursprung: Tal der Hammel, NICHT Hammelhintern) in Lancashire (heute Bezirk Greater Manchester). 

Das erscheint einem Deutschen erst einmal merkwürdig. Allerdings ist der black pudding weniger eine klassische (deutsche) Rotwurst, sondern besser mit dem vergleichbar, was in meiner alten Heimat Pannhas oder Möpkenbrot, in meiner neuen Heimat roter Pfannenschlag oder roter Knipp heißt. Letztendlich ist es eine Grützwurst, die beim Schlachten entstanden ist, und in der die schnell verderblich (Blut) und die billigen Teile des Tieres (Kopffleisch, Schwarten, Talg) und die anfallende Wurstbrühe verwertet wurden. Welche Stärke (Grütze) zum Binden benutzt wird, ist von der Region abhängig. Im Rheinland und Westphalen nimmt man häufig Buchweizenmehl und fügt manchmal gekochte Graupen (Gerste) hinzu. In Niedersachsen bevorzugt man Hafergrütze (wie auch in England, Schottland und Irland). Ähnliche „Blutgrützwürste“ findet man weltweit: In Skandinavien mit Roggenmehl, in Asien und der Karibik mit Reis als Stärkezusatz. In Finnland ist Veripalttu ein eng verwandtes Gericht aus Blut (Rentier – heute eher Rind und Schwein), Roggenmehl, Fett und Gewürzen, dass aufgrund seines Nährwertes und Eisengehaltes vor ein paar Dekaden im Norden des Landes als Schulessen für Kinder festgeschrieben wurde. Allerdings wird Veripalttu gebacken, wie ein Kuchen oder eine Terrine und nicht in Därme gefüllt. Noch ein weitläufiger Verwandter gefällig? Auf den Färöer-Inseln gibt es einen black pudding aus Schafblut, der mit weißem Pfeffer, Ingwer, Zimt und Zucker (manchmal auch Rosinen) gewürzt und mit Roggenmehl und Haferflocken gebunden und schließlich im Schafsmagen (wie ein schottisches Haggis) gegart wird. Man kann aus dem rohen Blutteig allerdings auch Pfannkuchen backen und sie mit viel Zucker bestreut am Schlachttag essen. Der Name des ganzen? Slátur (ausgesprochen slau:tər, wie das britische Wort „slaughter“ für „schlachten“).

Auch wenn man sich heute vielleicht scheut, so ein Monster zum Frühstück zu vertilgen – früher war das sicher ein perfekter Start in einen Tag mit harter, körperlicher Arbeit – eben mit viel Fett, Protein und Kohlehydraten. Aber auch heute finde ich das einen perfekten Start in einen Tag, wenn man an der Nordwestküste Schottlands in den Bergen wandern möchte und abends erst wieder im Hotel ist. Die beste Kombination aus (sehr gutem) black pudding und pochierten Eiern habe ich im Myrtle Bank Hotel in Gairloch mit Blick auf die inneren Hebriden genossen. Die Gegend ist hervorragend zum Bergwandern mit Blick auf eine wunderschöne Küste geeignet und auch bei Kletterern beliebt. Und hier stoßen wir bei meine Liebe zu Schottland und dem entsprechenden Frühstück an eine Grenze: Außerhalb Schottlands ist schottischer black pudding sehr schwer zu bekommen. Solange es den Brexit noch nicht gibt, kann man black pudding und Stornoway black pudding über den online-shop der Campbells Prime Meat Ltd. Metzgerei nahe Edinburgh beziehen – die Versandkosten sind allerdings recht hoch. 

Stornoway black pudding ist der Purist unter den schottischen Delikatessen: Er wird im Örtchen Stornoway auf der Isle of Lewis, einer Insel der Äußeren Hebriden, vor der schottischen Westküste hergestellt. Traditionell enthält er nur Schweineblut, Rindertalg, Hafergrütze, Zwiebeln und Gewürze. Das Problem ist: Wenn man ihn nur kurz übergart (also zu lange in der Pfanne lässt) wird er trocken. So ist das mit Puristen – im Umgang manchmal nicht einfach. Optimal ist der fertige black pudding außen knusprig und innen weich und saftig. Am Günstigsten enthält der fertige pudding etwa 1/8 der Gesamtmasse trockene Stärke (z.B. Hafergrütze), maximal 15% (eigene Erfahrung, bzw. Vorliebe). Wie bei jeder Wurst ist der Fettanteil wichtig: Er sollte zwischen 20 und 30% der Gesamtmasse liegen. Damit ist der black pudding auch nicht fetter, als ein Wiener Würstchen. Meiner Meinung nach macht Schweinefett den black pudding weicher, als Rindertalg. Aber das ist Geschmackssache.

Das charakteristische Gewürz eines schottischen black pudding ist Piment (allspice) und dazu Pfeffer. Unterstützt wird dies durch eine kräftige Portion Koriander und weiteren Gewürzen, wie Ingwer, Senf, Nelken, Zimt, Cayenne, Thymian und Majoran. Vom Majoran darfs ein bisschen mehr sein. Um eine Bindung der Wurst zu erhalten, müssen alle Zutaten eiskalt sein, wenn sie durch den Wolf gedreht und vermengt werden. Auf der anderen Seite darf der in Därme gefüllte, rohe black pudding nicht zu heiß gebrüht werden – sonst wird das Blut krümelig und die Wurst sieht aus wie Kaffeesatz. Eine optimale Temperatur liegt zwischen 71 und 75°C. Anschließend muss er aus Hygienegründen rasch abgekühlt werden. Das erledigt man am besten im Eiswasser. 

Hier nun ein paar wichtige (unumgängliche) Worte zur Hygiene: 75°C reichen nicht aus, um schädliche Bakterien sicher zu töten. Man gelangt (wie beim Pasteurisieren) nur zu einer Keimreduktion. Bei einer Stunde Garzeit bei 70°C ist bei guter Küchenhygiene das fertige Produkt eigentlich sicher – es muss nur schnell abgekühlt werden, damit verbliebene Keime sich nicht wieder vermehren können. Schottischer black pudding wird nicht mit Nitrit gepökelt. Nitrit tötet den Erreger C. botulinum ab, der das Botulinum Toxin bildet – früher eine häufige Ursache für eine lebensbedrohliche Fleischvergiftung, Botulismus (weil der Erreger fast überall vorkommt und in Erde beispielsweise sehr lange überleben kann). Für die Herstellung des eigenen black pudding sollten also nur Produkte von höchster hygienischer Qualität verwendet werden. Der Autor dieses Blogs lehnt die Verantwortung für gesundheitliche Folgen nach Verwendung des Rezeptes unter allen Umständen ab: Das Nachkochen geschieht in eigener Verantwortung. Botulinum Toxin wird bei über 80°C übrigens inaktiviert und kann unter 5°C nicht von den Bakterien hergestellt werden. Daher sind die in Deutschland gemeldeten Fälle sehr sehr selten. Die Toxine von Staphylokokken hingegen sind äußerst hitzestabil und sehr sehr unangenehm (dafür nicht tödlich): Nur wenige Stunden nach Aufnahme explodiert man quasi auf beiden Seiten des Magen-Darm-Traktes. Gute Küchenhygiene bei Fleisch, Fisch und Geflügel zahlt sich aus!

Gewürze, Kräuter und Salz für insgesamt 2 kg:
4,0 g Piment
4,0 g schwarzer Pfeffer
3,0 g Koriander gemahlen
1,0 g weißer Pfeffer
1,0 g Ingwerpulver
0,5 g gemahlene Nelken
0,5 g Quarte epice
0,5 g Thymianpulver
0,5 g Macispulver
0,5 g Paprika rosenscharf
1 TL Colmans Senfpulver
2 geh. EL Majoran, gerebbelt
50g (ca. 3 EL) Zwiebelgranulat 
1 TL brauner Zucker
34g Salz

Weitere Zutaten:
1 Liter Schweineblut
500g fetter Schweinenacken, am besten Iberico
250g Multikorn Flocken, grob im Mixer zerbröselt, über Nacht mit 250 ml kaltem Wasser eingeweicht
Kranzdarm vom Rind

Küchengeräte:
Waage
Gewürzwaage (auf 0,1g genau)
Fleischwolf, vorgekühlt
Großer Trichter
Essstäbchen
Wurstgarn
Thermometer

Zubereitung:
Etwa 6 Stunden vorher die Multikorn Flocken im Mixer grob zerkleinern und im kalten Wasser einweichen. Das Schweinefleisch würfeln und anfrieren lassen. Wenn man (wie ich) Blutpulver verwendet, das Blutpulver mit körperwarmen Wasser anrühren und dann auf 4°C abkühlen lassen. Die Därme aus dem Salz nehmen, abspülen und ca. 30 Minuten in warmen Wasser einweichen. Das Wasser mehrfach wechseln. Gewürze und Kräuter mischen.

Das Schweinefleisch durch die mittlere Scheibe wolfen und nochmals kaltstellen. Blut, Fleisch, Gewürze, Kräuter, Zwiebelgranulat, Zucker und Gretreide mit Einweichflüssigkeit vermischen. Masse wiegen. 1,8% Salz zufügen (müsste etwa 34g entsprechen – wenn nicht: Dreisatz anwenden!).

Darm am Ende mit Wurstgarn zubinden, Luft ausstreichen. Offenes Ende über den Trichter ziehen. Wurstmasse in den Trichter geben und mit dem asiatischen Essstäbchen nachstopfen, so dass sich der Darm locker füllt ohne prall oder gespannt zu sein. Darauf achten, dass keine Luft in den Darm gelangt! Darm nach Füllung auch am anderen Ende abbinden. Nun Würste in gewünschter Länge mit jeweils 2 Knoten knapp hintereinander abbinden. Es sind 2 Knoten erforderlich, damit man nach dem Brühen die Würste trennen kann, ohne dass sie aufgehen. Die Würste eine Stunde bei 71-75°C brühen, danach in Eiswasser auf ca. 3°C abkühlen. Der frische black pudding ist im Kühlschrank 2-3 Tage haltbar, sofort eingeschweißt ca. 1 Woche, eingefroren bei -20°C etwa ein Jahr.

Servieren: Gern mit pochierten Eiern oder Spiegelei und Toast: Pelle entfernen, in Scheiben schneiden und in Schmalz auf beiden Seiten bei hoher Hitze schnell knusprig braten. Sofort servieren. Oder als Teil eines full (british) breakfast.