Schweinsohren-Salat mit Passionsfrucht-Dressing

Nein, es handelt sich hierbei nicht um das Blätterteiggebäck. Schweinsohren sind hier wörtlich zu nehmen. Innereien sind mir nicht fremd – einige, wie Kalbsbries, liebe ich sogar sehr. Aber „Äußereien“? So habe ich die Schweineohren beim Metzger immer mit einem gewissen Argwohn betrachtet (die Schnauzen übrigens auch). Doch ist es noch gar nicht so lange her, dass man einfach alles von einem Schlachttier verwendet hat. Not macht erfinderisch – und so lernten unsere Vorfahren einfach alles zuzubereiten. Und dieser Trend, der in England und Amerika nose-to-tail eating genannt wird, zieht auch wieder in unsere Küche ein. Ein gewichtiger Vertreter in der Deutschen Küche ist in dieser Hinsicht schon lange Vincent Klink. Nun steht es außer Frage, dass man von der Nase bis zum Schwanz (fast) alles an einem Tier essen kann – die Frage ist nur: Schmeckt es auch?

Schweinsohren begegneten mir zuerst in dem wundervollen Kochbuch „Odd Bits“ von Jennifer McLagan. Die australisch-kanadisch-französische Köchin geht darin der Frage nach, wie man den „Rest des Tieres kocht“. Mit „Rest“ meint sie leicht provozierend alles, was übrig bleibt, wenn man die Steaks herausgetrennt hat. Etwas beunruhigt habe ich gelesen, dass es bei den Schweinsohren mehr um die Textur, als um den Geschmack gehe. Also, mir geht es meist um beides. Bei rohen Austern mag ich zum Beispiel den Geschmack, aber die Textur nicht. Da ist sozusagen die untere Textur-Grenze meines Geschmacks erreicht. Geschmack und Textur bedürfen einer gewissen Harmonie. Bei Gerichten sollten sich die Texturen ergänzen. Und bei den Schweinsohren? Da stehen der Knorpel und die Schwarte im Kontrast. Spätestens an dieser Stelle dürften sich manche Leser schütteln.

Dabei sind Schweinsohren weder eine Delikatesse, noch eine seltene Zutat auf der Welt. In den chinesischen Küchen praktiziert man nose-to-tail seit mehreren Tausend Jahren. Hier ist der Link zu „Sichuan red oil pig ear salad“ von Elaine Luo, deren Blog ich gern lese.  Auch in Thailand sind Schweinsohren nichts Besonderes. Aber so weit muss man gar nicht um die Welt gehen: In Spanien gibt es sie als Tapas, gekocht und in Eintöpfen. Das klingt jetzt so, als hätte ich das alles vorher sorgfältig recherchiert. Dem ist allerdings nicht so: Ich sah die Ohren beim Metzger, nahm meinen ganzen Mut zusammen und die Ohren dann mit. Zwei Stück zusammen etwa 500g. Und dann dachte ich, zu Hause wird mir schon was damit einfallen. Dann begann ich zu recherchieren. April Bloomfields Rezept verwarf ich aufgrund des Aufwandes – sie gart die Ohren langsam, wie ein Confit, bedeckt in Entenfett. Jennifer McLagan siedet die Ohren langsam 2 Stunden in einer Court Bouillon. Das fand ich gut. Hier also erst mal das Ausgangsrezept für gekochte Schweinsohren:

Zutaten:
ca. 500g Schweinsohren, gut gesäubert und ggf. nach-rasiert (mit einen Einmalrasier…)
1,5 L Wasser
1-2 EL Salz (die Brühe muss recht salzig schmecken)
2 Karotten in Scheiben
1 Zwiebel mit Schale, geviertelt
3 EL Knollensellerie gewürfelt
1 Bund Petersilie
1 Lorbeerblatt
2 TL Piment
1 EL schwarze Pefferkörner
4 Nelken
2 TL Majoran gerebbelt

Zubereitung:
Schweinsohren unter kaltem Wasser abbrausen, gut reinigen, dazu ggf. den Gehörgang aufschneiden, ggf. noch vorhandene Haare mit Hilfe eines Einmalrasierers sorgfältig (!) entfernen. (Haare stören den späteren Genuss.) Wasser, Gemüse und Gewürze kalt aufsetzten, zum Kochen bringen und 10 Minuten köcheln lassen. Dann Schweinsohren zugeben und aufkochen lassen. Hitze nun auf ein Minimum reduzieren und die Ohren 1,5 bis 2 Stunden gar sieden lassen. Die Ohren sind gar, wenn man sie unproblematisch mit einer Gabel durchstechen kann. Die Ohren in der Bouillon auskühlen lassen, dann heraus nehmen, in einen ausreichend großen Gefrierbeutel geben. Die Luft aus dem Gefrierbeutel ausdrücken und diesen verschließen und über Nacht beschwert im Kühlschrank aufbewahren.

Der Salat muss den fettig ausgebackenen Schweinsohren gut entgegen stehen können. Daher benötigt er Bitterkeit, Frucht und Säure. Trotzdem sollte er den Geschmack der Öhrchen nicht überdecken – aber wie schmecken den die Öhrchen nun? Bevor ich mich an die weitere Entwicklung des Salats machte, habe ich eine kleine Portion in heißem Schmalz knusprig gebraten und mit Salzblüte bestreut und dann warm gegessen. Ein dezenter Schweinegeschmack mit würzigem Geschmack der Court Bouillon. Außen knusprig, dann weich, dann das Gefühl ein dünnes Stück Weichplastik durchbissen zu haben. Der dünne Knorpel ist auch nach 2 Stunden Garzeit nicht besonders zart. Der Kontrast der Texturen ist sehr deutlich.

Zutaten Salat für 2 Personen:
2 Schikoree
1 Pink Grapefruit
2 Hände Rucola
Kresse und Kerbel zum Garnieren

Für das Dressing:
2 EL fruchtiges Olivenöl
1 EL Zitronensaft
2 TL Tessiner Birnensenfsauce
Fruchtfleisch und Kerne einer Passionsfrucht
Salz
Pfeffer

Für die gebratenen Schweinsohren:
200-250g gekochte Schweinsohren (ca. 1 Ohr) in feinen Streifen
1 EL Mehl, 1 Gefrierbeutel
2 EL Schweineschmalz
1 EL Butterschmalz
1 Spritzschutz (wird nicht gegessen, ist aber sehr wichtig)
Salz

Zubereitung:
Grapefruit filetieren. Salat wachen und trocknen. Die Zutaten für das Dressing in einem Glas verrühren, bis es eine dickliche Konsistenz aufweist. Den Salat auf Tellern anrichten und kühl stellen. Das Fett in einer Pfanne erhitzen. Das Mehl und die Schweinsohren in feinen Streifen in den Gefrierbeutel geben, ein wenig Luft hineinblasen, zudrehen und schütteln, so dass alle Stücke gleichmäßig mit Mehl bestäubt werden. Überschüssiges Mehl abschütteln. Ohrenstreifen in das heiße Fett geben und sofort den Spritzschutz über die Pfanne legen. Nach kurzer Zeit bricht in der Pfanne die Hölle los, wenn die dann flüssige Gallerte auf das heiße Fett trifft: Es klingt, als würden die Streifen explodieren und Fett spritzt. Daher: Bitte dieses Rezept nicht ohne Spritzschutz ausprobieren! Streifen einmal vorsichtig wenden. Wenn sie goldbraun und knusprig sind, aus der Pfanne nehmen und auf Küchenkrepp entfetten und mit Salz betreuen. Salat nun mit dem Dressing übergießen und die noch warmen Ohrenstreifen darauf anrichten. Mit Kräutern und frisch gemahlenem Pfeffer garnieren.

Dazu passt ein Gewürztraminer aus dem Elsaß oder ein hopfenstarkes India Pale Ale (IPA) Bier – und geröstetes Weißbrot.

Und mein Fazit? Geschmacklich ausgesprochen gut! Die ausgebackenen Ohrenstreifen ergänzen sich mit den leicht bitteren Salaten und der Grapefrucht wunderschön. Das Dressing fügt sich mit Säure, Süße, dem Senf, vor allem aber mit der Fruchtigkeit der Passionsfrucht sehr schön ein. Wäre da nicht das Gefühl immer wieder dünne Weichplastikscheiben im Essen zu haben… . Was Textur angeht, so bin ich hier an das obere Ende meiner Toleranz gekommen. Der Knorpel stört mich. Fazit: Schweinsohren kann man essen – muss man aber nicht… . Das zweite Ohr habe ich erst mal eingefroren – bis ich es für Gäste verwenden kann 😉