Brotscheiben durch Rösten und mit Belag zu veredeln ist in Europa weit verbreitet und reicht (ohne vollständig zu sein wollen ) von Spanien (z.B. malorquinisches Tomatenbrot) über Frankreichs Canapes und die berühmten Crostinis und Bruschettas Italiens bis weit nach Osten, wo man Topinky ißt: Geröstetes Graubrot, mit Knoblauch abgerieben und mit eingelegtem Gemüse, Fleisch, Käse oder Gänseleber belegt. Ihnen allen gemein ist, dass sie gut schmecken und eine nette Zwischenmahlzeit abgeben – oder gute Bar Snacks: Kleine Dinge, die man gern zu einem guten Gläschen ißt. Die Perfektion dieser kleinen Gerichte kommt aus Spanien: Tapas.
Leber ist nicht jedermanns Sache, dabei ist sie gesund: Sie enthält viele wichtige Vitamine und Spurenelemente und Eisen. Ich muss aber selber zugeben, dass sie mir – von wenigen Ausnahmen abgesehen – in purer Form zu streng ist. Ausnahmen sind Kalbsleber, Geflügellebern und jede Form von Foie gras. Am liebsten ist sie mir dabei kalt oder zimmerwarm. An das westfälische Leberwurstbrot habe ich sehr glückliche Kindheitserinnerungen – selbst dass wir die Schweine kannten machte da keinen Unterschied, denn aus der Sicht eines Kindes wird ein Schwein sehr schnell sehr groß und bedrohlich. Als ein kleines Küken sich in den Schweinepirk verirrte und von den Schweinen einfach gefressen wurde, waren wir sogar zornig. Am Ende, wussten wir, würden aber die Schweine selbst gefr… gegessen werden. Und diese Leberwurst aus der Hausschlachtung eines winzigen sauerländer Bauernhofs bleibt unerreicht göttlich.
Die berühmtesten Crostini „al fegato“, also mit Leber sind „crostini alla toscana“ – aus der Toscana (überrascht?). Die Crostini werden dabei mit einer feinen Leberpaste bestrichen. In das Original aus der Toscana gehören neben viel Olivenöl und Butter noch Zwiebeln, Staudensellerie, Karotten, Zitronenschale, Petersilie (eine Anlehnung an die Gremolata der lombardischen Küche im Norden) und Kapern – und, nicht zu vergessen, neben den Hühnerlebern auch deren Milz… . Allerdings ist eine Hühnermilz selbst im Hühnerland Niedersachsen (mehr Hühner als menschliche Einwohner) nicht zu bekommen. Außerdem habe ich in einem wundervollen Kochbuch eine bessere Variante entdeckt – in April Bloomfield’s „A Girl and her Pig“.
April Bloomfield ist Chefköchin und Mitinhaberin des New Yorker „The Spotted Pig“ (Das gefleckte Schwein – allerdings kann man „spotted“ auch mit gesichtet, erkannt, erkundet übersetzen…). Sie kommt aus England, genauer gesagt aus Birmingham, also ziemlich aus der Mitte Großbritanniens. An dieser Stelle muss einmal sehr laut und deutlich gesagt werden, dass die britische Küche existentiell besser ist, als ihr Ruf auf dem Kontinent, und dass eben solcher Ruf eher üble Nachrede ist, er als der Wirklichkeit gerecht wird. Ja – die Bretonen haben Obelix mit Wildschwein in Pfefferminzsauce und lauwarmer Cervisia (Bier) zum Weinen gebracht – doch (Gott-sei-dank) kann man das nicht generell auf die Küche der Inseln anwenden. Die BBC darf sich übrigens damit schmücken der Erfinder der Kochsendung zu sein. Und ich träume immer noch sehnsüchtig von dem gebackenen Schweinebauch, den ich im Myrtle Bank Hotel, Gairloch, Wester Ross, GB gegessen habe… .,
Doch zurück zu dem wundervollen Buch von 2012, das voll von einfach guten Rezepten und Geschichten ist ( – leider gibt es bislang keine deutsche Übersetzung, Stand 2017). Nach meiner Ansicht ist es in jeder Hinsicht überdurchschnittlich bis perfekt: Rezepte, persönliche Geschichten, Einführung zu den einzelnen Gerichten, liebevolle Gestaltung einschließlich Aquarell-Zeichnungen, Kalligraphie und Cover: beeindruckend! Und ein genial einfaches Rezept für „chopped chicken liver on toast„. Allerdings sehe ich in Rezepten ja eigentlich immer eine Anregung und weiß schon beim Lesen, wie ich es (besser?) gestalten würde. In diesem Fall liebe ich, dass die Leber grob gehackt und zerdrückt und eben nicht zu feiner Paste wird. Doch Barbarie-Entenleber ist besser als Hühnerleber. Hinzu kommt der großzügige Einsatz von Kräutern – wobei ich bessere finde, als Petersilie. In der Toscana löscht man die Lebern mit Vin santo ab. Den mag ich ebenso wenig, wie den Madeira aus Bloomfield’s Rezept. Ich habe ihn durch Niepoort „dry white“ ersetzt. Er ist für meinen Geschmack nicht wirklich trocken und kombiniert fruchtige aber füllige Weißweinaromen mit weichen Nuß- und Mandeltönen. Man kann ihn auch sehr gut zu den Crostinis trinken. Pfeffer und Salz finde ich als Gewürz zu eindimensional – da bringt das toskanische Original mehr mit. Doch möchte ich hier weniger Petersilie und Zitronenschale (Gremolata), sondern lieber Kerbel einsetzen. Kerbel, den die Briten „Franzosenpetersilie“ nennen, ist feiner und ergänzt die Leber mit einem leichten Anisgeschmack. Und hier kommt das französische Fleischgewürz par Excellence subtil zum Einsatz: Zum Schluss wird ganz wenig Quatré-epices zugegeben – und zwar das beste, was man in Europa (oder in der Weilt schlechthin) finden kann: Von Sternekoch Ingo Holland aus dem „Alten Gewürzamt“ (sein „Viergewürz“ enthält – äh – 9 Gewürze…).
Zutaten für 2 Personen:
2 Schalotten
1/2 Kochapfel (Boskoop o.Ä.)
2 Knoblauchzehen
1 EL Butter
50 ml Portwein „dry white“ (s.o.)
1 EL Butter
200g Entenleber (keine Stopfleber!)
Salz, Pfeffer
1 Mesp. Quatré epices
50 ml Portwein „dry white“ (s.o.)
1 Bund Kerbel
1/2 Bund Schnittlauch
Geröstete Brotscheiben
Glatte Petersilie in feinsten Streifen
bestes Olivenöl
Chiliflocken
Zubereitung:
Schalotte halbieren und in hauchdünne Scheiben schneiden. Knoblauch sehr fein würfeln. Apfel schälen und sehr fein würfeln. Butter in einer Pfanne bei geringer Temperatur angehen lassen. Zwiebeln zugeben und glasig dünsten – ein wenig Bräunung ist erstrebenswert. Apfel und Knoblauch zugeben und bei sanfter Hitze weich schmoren. Portwein zugeben und einkochen lassen. Aus der Pfanne nehmen und beiseite stellen. Gefäßstränge aus den Lebern herausziehen, ggf. ein spitzes Messer nutzen. Butter in der Pfanne langsam erhitzen, Lebern zugeben und gut salzen. Bei sanfter Hitze schmoren bis die Lebern sich wie kleine pralle Pakete anfühlen. Sie sollen im Innern noch saftig und rosa sein. Schalotten-Apfel-Knoblauch wieder zugeben, pfeffern und mit Quatré epices (vorsichtig) würzen. Rest des Portweins zugeben, kurz durchschwenken und zu Raumtemperatur abkühlen lassen. Grob hacken und quetschen. Kerbel und Schnittlauch fein wiegen und unter die Lebermasse rühren. Brotscheiben toasten. Lebermasse auf dem Brot verteilen, mit sehr fein geschnittener glatter Petersilie bestreuen und mit Olivenöl und wenig Chiliflocken abschließen. Zügig servieren.
Dazu passt… sehr viel. Fast alles, was man an der Bar bestellen kann, scheint hier zu passen. Ich selber ziehe Niepoorts dry white in jedem Fall vor. Er ist ja schon im Essen… .