Obans Brennerei: Ansteckender Ethusiasmus

Oban Disillery

Es war einer jener Tage in Schottland, an dem einen das Wetter an die Vorurteile – eben über schottisches Wetter – erinnern wollte. Ein grauer Nieselregen hüllte alles ein. Wir waren unterwegs von Fort William nach Loch Lommond und hatten wenig Lust den ursprünglichen Plan beizubehalten, der eine recht feuchte Wanderung vorsah. Irgendwie kam das Thema auf, eine Brennerei zu besichtigen. Und Oban lag nur einen kleinen Umweg entfernt.  Von Obans Hafen gehen die Fähren zu den Hebriden ab. Eine vorgelagerte, kleine Insel versperrt den Blick auf die Isle of Mull – obwohl die bei dem trüben Wetter vermutlich auch nicht zu sehen gewesen wäre. Parken kann man gut auf dem Parkplatz an der Tweedale Street, gleich neben der Congregational Church.

 

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Blick auf Obans Hafen

Die Oban Distillery liegt mitten in der kleinen Stadt am Fuße eines Hügels. Eine Expansion ist damit nicht  möglich und die Gebäude, insbesondere das Lagerhaus sind hoch gebaut. Im visitor center war man sehr freundlich und hilfsbereit. Auf die nächste reguläre Führung müssten wir eine Stunde warten, aber in 30 Minuten gäbe es die Möglichkeit einer Exklusiven Tour mit abschließendem Tasting im Managers Office. Die Wahl fiel uns nicht wirklich schwer. Natürlich buchten wir (drei) die Exklusivtour zu je 25 Pfund. Money well spent!

Als ersten Teil sollten wir eine reguläre Führung von einer Mitarbeiterin erhalten, dann würde sich Francis unser annehmen, uns ins Lagerhaus führen und dann zum Tasting begleiten. Die Brennerei arbeitete – und wir konnten alle Prozesse sehen und vor allem riechen! Das geschrotete Malz wurde gerade in einem Maischebottich mit heißem Wasser versetzt und glich einem riesigen Porridge Topf. Ein Topf mit einem gefährlichen Leben am Boden! Wie Krakenarme wälzen Rührer die Masse um. Riecht lecker nach Brotteig und Malzbier! Im Nebenraum stehen die übermannshohen Holzbottiche (wash backs), in denen die Hefe zugesetzt und aus dem Malzsaft eine Art Starkbier wird. Bereitwillig wurden die 4 Deckel für uns aufgeklappt. Das Herz der Distille sind die beiden Brennblasen. Leider darf man in den Produktionsräumen keine Kamera benutzen und muss auch das Handy ausschalten. Ein Funke genügt… . Nirgends wurde es uns so bewußt wie im Raum der Brennblasen. Der süße Alkohol in der Luft war unverkennbar. Oban ist eine kleine Brennerei, daher sind Mälzerei und Abfüllung ausgelagert worden. Der Raum, in dem einst die Fässer befüllt wurden, ist aber noch zur Besichtigung da. Hier wurden wir bereits von Francis erwartet. Francis ist eine zierliche Frau, etwa 20 Jahre älter als ich, und sie versprüht vom ersten Augenblick eine Begeisterung und einen Enthusiasmus, der uns alle ansteckte. Sie arbeitet schon Dekaden in der Brennerei als Führerin, aber auch als Hilfe bei Befüllen der Fässen – schwere Dinger! Wir glauben ihr. Sie schließt uns das Allerheiligste der Brennerei auf, das Lagerhaus, aber wir dürfen nur wenige Meter hinein. Der Duft ist unglaublich.

Nun dürfen wir zum Abschluß in das Büro des Managers, der aber schon Feierabend hat. Auf einem großen, ovalen Tisch mit schwerer Decke sind 4 Gedecke gerichtet. Für jeden 4 Gläser, Glaspipette, Wasserkrug und Wasserglas. Das habe ich so noch nicht erlebt – selbtst bei den auf Form bedachten Franzosen nicht. Francis steht neben einer Tafel und führt uns bei jedem der 4 Whiskies durch Farbe, „Füßchen“ (legs), Geruch und Geschmack und schreibt unsere Eindrücke auf. Ihr Enthusiasmus ist ansteckend. Wir glauben gern, dass sie ihren Beruf liebt. Sie fragt Carsten nach seinem Lieblingswhisky. Er senkt etwas schamhaft den Kopf und gesteht „Lagavulin“. Mit Verschwörermine blickt Francis hinter die Tür, ob auch keiner lauscht, und empfiehlt ihm einmal Caol Ila zu probieren. Eine der 4 Proben ist ein 9-jähriger, ein Einzelfass, das nicht abgefüllt und nur für das Tasting dieser Tour verwendet wird. Man merkt ihm die Unreife an. Und bekommt so einen Grund, warum man auf Oban eben 14 Jahre warten muss. Der normale 14-jährige wird von der Distillers Edition übertroffen und über allem trohnt die Version, die nur vor Ort zu haben ist. Ohne Altersangabe und in Fassstärke. In der Nase eine unglaubliche Fülle von Honig, Caramel, Vanille, kandiertem Apfel, Apfelkuchen und Orangenmarmelade mit ein wenig salziger Meeresluft und nur einem minimalem Hauch von Rauch. Der Geschmack ist voll und rund, der Abgang sehr, sehr lang. Wir sind überzeugt. Später im Shop nehmen wir eine Flasche mit – für besondere Gelegenheiten. Wir verabschieden uns von einer zarten Francis mit Sommersprossen und Lachfältchen um die Augen und danken für ihren ansteckenden Enthusiasmus

Lebendige Geschichte im Vistor Center der Brennerei
Lebendige Geschichte im Vistor Center der Brennerei